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GESCHICHTEN ... aus dem Hundeleben







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AGILITY - Bericht einer Betroffenen





Ich bin ein verantwortungsvoller Hundebesitzer und will meinen Hunden ein artgerechtes und abwechslungsreiches Leben bieten. Aus diesem Grund habe ich mich eines Tages dazu entschieden, AGILITY zu machen. Ein schöner Sport - heißt es. Ein Mensch, ein Hund, ein Parcours aus lustigen Hindernissen - und fertig ist ein gelungener Nachmittags-Spaß!

Ganz einfach, denke ich. Der Hund rennt, und ich warte, bis er ins Ziel läuft. Toll! Das macht Spaß! Vielleicht kann ich mir einen Klappstuhl mitnehmen und warten, bis der Hund sich müde gelaufen hat.

Erwartungsfroh erscheine ich beim ersten Training im neuen Verein.

Ich betrete das Trainingsgelände. Der Wind pfeift, ein trockener Busch rollt über den Platz. Staub wirbelt auf. Irgendwo spielt eine Mundharmonika ihr trauriges Lied...

Dann steht er plötzlich vor mir. Der Trainer! Der Trainer ist eine Frau. Eine große Frau! Eine riesige Frau. Ungefähr 2,80 m groß mit einem Schal um den Hals, so grell wie ein giftiges Insekt! Sie dreht sich langsam zu mir um. Ihre Augen fixieren mich, durchleuchten mich, erkennen in Bruchteilen von Sekunden: Die Neue da braucht Training! Hartes Training!

Schon will ich mich abwenden und die Flucht ergreifen, da lässt mich die Trainerstimme erstarren:

»Hey Du da! Es geht los! Wir machen eine Warmlaufrunde!«

Die Hunde wedeln mit den Schwänzen, jaulen vor Freude. Wir Menschen starren auf den Platz. Weichen unmerklich zurück- schwitzen beim Anblick des Parcours. Gefrässige Hürden grinsen mich an. Lindwurmartige Tunnel drohen mich zu verschlucken. Der Slalom greift nach mir wie ein zwölfarmiges Ungeheuer.

Trainers Stimme schallt über den Platz:

»Ok. Zum warm werden erstmal ein ganz einfacher Parcour: Blau Hürde, rote Hürde, Slalom, Wechsel, blaue Hürde, blaue Hürde, rote Hürde, Slalom von der anderen Seite, Wippe, Tunnel, Hürde, Hürde - und hier will ich einen Franzosen sehen - Hürde, Reifen, Hürde-hier den Hund außen rum schicken und zuletzt noch die vier Hürden dahinten...! Klar? Na dann mal los Leute! «

Ich grinse hysterisch. Beuge mich zu meinem Hund und entschuldige mich vorab für das, was ich ihm hier antun werde.

Ich zittere - vor Angst. Mein Hund zittert - vor Freude.

Ich lasse erst die anderen laufen. Schließlich bin ich neu und will mich ja nicht vordrängeln.

Vielleicht bekomme ich ja auch noch eine Herzattacke bevor ich dran bin...! Oder eine Tsunami-Welle spült die Hürden weg.

Aber nein, mein Herz schlägt ganz normal - nur ein bißchen schneller vielleicht. Und von einer Welle keine Spur.

»Hey Du da. Du bist dran. Zack, zack. Los!«

Ich gehe mit meinem Hund zur ersten Hürde und setze ihn dort ab.

Doch noch bevor ich mich in meine Startposition begeben kann, zerreisst die Trainerstimme die dünne Luft:

»HAAAAAAAAAAAAAAAlllllllooo????? Was machst Du da? AKTION! Los, motivier deinen Hund. Nicht einschlafen. Los los los... LAAAAUUUUUF!!!!!!«

Mein Hund rennt los. Panisch stürze ich hinterher.

Blaue Hürde, rote Hürde, meine Knie krachen, der Slalom naht, mein Hund fliegt, lässt sich nicht bremsen. Mein Lunge fliegt hinterher. Schon haben wir die erste Slalomstange erreicht.

Zick... zack.. zick... zack... zack... Mist... Fehler.

Trainers Stimme: »WARUM HILFST DU DEINEM HUND NICHT??????? GEGENARM!«

Gegenarm... ja... natürlich... eh... mein Gegenarm ist weg! Wo ist mein Gegenarm? Verzweifelt rudere ich mit beiden Armen - einer davon muss ja der Richtige sein! Wechsel, blaue Hürde....

Mein Hund bremst, schaut mich an, jault, ich sehe riesige Fragezeichen in seinen Augen... Wo ging's nochmal lang???? Hilflos schaue ich mich um. Überall Hürden - und alle sehen gleich aus!

Mein Hund rettet die Situation und hüpft fröhlich zum nächsten Hinderniss. Ich frage mich kurz, ob »Hindernisse« wohl etwas mit »Hornisse« zu tun haben, bevor ich zum doppelt-französischen Rittberger-Wechsel ansetze.

Ich bleibe mit der Hüfte an einem Ausleger hängen. Renne besinnunslos vor Schmerz Richtung Wippe.

»KONTAKTZONEN!!!!! Wo ist die Kontaktzoooonnnneeee??? KONTROLLIER DEINEN HUND!« - Trainers Stimme überrollt mich von hinten.

Mein Hund rennt die Wippe rauf... hängt minutenlang in der Luft und landet fünf Meter hinter der Kontaktzone. Egal. Weiter. Vielleicht hats niemand gesehen.

Tunnel... ich muss zum Tunnel... und wenn ich hinter dem Tunnel einfach immer gerade aus laufe, schaffe ich es vielleicht mit einem großen Satz über den Zaun - FLUCHT! FREIHEIT!

Ich renne, kreische meinen Hund an! Meine Stimme erreicht bisher unerforschte Frequenzhöhen! In riesigen Sprüngen gelange ich zum Tunnel und renne in Richtung Freiheit... jetzt nicht stehen bleiben...! Nur noch wenige Meter...! Gleich habe ich den Zaun erreicht... Da schiebt sich mir ein großer Schatten in den Weg!

»Hey Du da! Wo willst Du hin? Und was soll das hier werden, wenns fertig ist? Häh? Nochmal von vorne! «

Mein Hund hüpft neben mir auf und ab. Er sieht glücklich aus. Aber nicht mal ansatzweise müde. Im Gegensatz zu mir.

Ich schleppe mich zurück zum Anfang. Gehe nicht über Los. Ziehe nicht 4000 Euro ein. Gehe direkt zum Slalom...! Mit letzter Kraft erreichte ich den Start.

Sehe ich höhnische Gesichter? Grinsen die anderen? Oder sind ihre Gesichter entstellt vor Panik?

Mein Gehirn verweigert den Dienst. Ich renne los. Spüre irgendwo meinen Hund neben mir... vor mir...!

Ich laufe... denke nicht, Hürde, Hürde, Slalom, Wechsel, blaue Hürde, blaue Hürde... Bürde... Würde... jetzt nicht aufgeben... nicht stürzen!

Die Schmerzen laufen mit. Immer weiter. Auch der längste Parcour hat ein Ende!

»LAAAAAAAAAUF!!!! Weiter ! Jaaaaa!« - Trainers Stimme spornt mich an.

Hürden fliegen an mir vorbei, mein Hund fliegt an mir vorbei... mit letzter Kraft rudere ich ins Ziel... lasse mich zu Boden fallen, keuche! Jemand reicht mir die Deutschlandfahne. Kameras richten sich auf mich. Reporter stürmen los. Ich rappel mich auf und setze an zur Ehrenrunde, winke den Zuschauern... und höre Trainers Stimme:

»Hey Du da! Fürs Erste nicht schlecht!

So Leute, und jetzt fangen wir mit dem Training an!!«

Um mich herum wird es schwarz....!!!


Tina





mit freundlicher Genehmigung von Tina G.







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